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Capua.

Von jedem Lenz umquollen,
Die heiße Brust entblößt,
Das Gürtelband der vollen
Holdseligkeit gelöst:

So lagst du vor dem Sinne
Des wunden Puniers da
Und schmolzest ihn in Minne,
Sirene Capua!

Die trotz'gen Häupter, welche
Kein Alpenschnee verletzt,
Schnee der Orangenkelche
Beugt und begräbt sie jetzt.

Von weichen Flötentönen
Wird jetzt das Ohr betört,
Das der Kohorten Stöhnen
Jüngst als Musik gehört.

Und während Roma schaudert,
Liegt der, der sie gestürzt,
Im Mädchenschoß und plaudert,
Bekränzt und aufgeschürzt.

Ob auch aus dunkler Wolke
Hamilkars Schatten droht,
In dem betörten Volke
Rast nur der Lust Gebot.

Es rast in Taumelstunden
Von keiner Scham gedämpft,
Rot werden nur die Wunden,
Die Cannä's Sieg erkämpft.

Nicht Blitz und Adlerfänge
Entsandte Jupiter
Im höchsten Kampfgedränge
Für seine Roma her.

Er warf, umschwelgt vom Süden,
Die Buhlerkönigin
Dem Sieg- und Lorbeermüden
Vor seine Füße hin.

Die schlang, die Schlangengleiche,
Die Arme um ihn her
Und küßte so zur Leiche
Dies einz'ge Heldenheer.

Es sank von Mädchenkosen
Ein Tausend-Männerruhm,
In Myrten und in Rosen
Starb ein Titanentum.
Text: Udo Brachvogel - Lizenz: Public Domain