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Bacchus

Hoch, dreimal höher als Apoll,
Soll Vater Bacchus leben!
Zehn Berge, dicht von Lorbeeren voll,
Gilt Einer mir voll Reben.

Um Phöbus steilen Helikon
Herrscht Noth in den Provinzen.
Er und ein Prinz von Libanon,
Was sind sie? Bettelprinzen!

Gewiß gar kümmerlichen Sold
Erwirbt ihm seine Leyer,
Wiewohl er prahlt, sie sei von Gold
Und ganz entsetzlich theuer.

Ihm borgt auf seinen Kindertand
Kein Kluger einen Heller.
Ganz anders reizt ein Unterpfand
Aus Vater Evans Keller.

Zwar wissen wir, wie stolz Apoll
Mit Sang und Klang sich blähet;
Doch scheint's, daß ich auch Bacchus wohl
Auf Sang und Klang verstehet.

Wie mag im Offnen am Parnaß
Sein Kammerton behagen?
Da sollte Bacchus' Juchei baß
An's Ohr der Kenner schlagen.

Auf! Diesen laßt zum Schutzpatron
Des Helikons uns weihen.
Weit besser wird durch seinen Lohn
Die Dichterzunft gedeihen.

Vertilgt den alten Lorbeerhain!
Pflanzt Reben an die Stelle!
Das Heidelberger Faß voll Wein
Rollt auf die Roßhuf-Quelle.

Alsdann wird unser neuer Staat
Der großen Welt gefallen!
Gern wird der Fürst und der Prälat
Zu unserm Berge wallen.

Man lebte ja, nach alten Brauch,
Bisher dort allzu nüchtern.
Drum blieben die neun Jungfern auch
Von je und je so schüchtern.

Ha! Zapften sie sich ihren Trank
Aus Bacchus' Nektartonnen,
Sie jagten Blödigkeit und Zwang
In's Kloster zu den Nonnen.

Fürwahr! Sie ließen nicht mit Müh'
Zur kleinsten Gunst sich zwingen;
Und ungerufen würden sie
Uns in die Arme springen.
Text: Gottfried August Bürger - Lizenz: Public Domain