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Pilgers Morgenlied

Morgennebel, Lila,
Hüllen deinen Turm um.
Soll ich ihn zum
Letztenmal nicht sehn!
Doch mir schweben
Tausend Bilder
Seliger Erinnerung
Heilig warm ums Herz.
Wie er so stand,
Zeuge meiner Wonne,
Als zum erstenmal
Du den Fremdling
Ängstlich liebevoll
Begegnetest,
Und mit einemal
Ewge Flammen
In die Seel ihm warst.
Zische, Nord,
Tausend-schlangenzüngig
Mir ums Haupt!
Beugen sollst dus nicht!
Beugen magst du
Kindscher Zweige Haupt,
Von der Sonne
Muttergegenwart geschieden.
Allgegenwärtge Liebe!
Durchglühst mich,
Beutst dem Wetter die Stirn,
Gefahren die Brust,
Hast mir gegossen
Ins früh welkende Herz
Doppeltes Leben,
Freude, zu leben,
Und Mut.
Text: Johann Wolfgang von Goethe - Lizenz: Public Domain